Nachsorge

Die Zeit nach dem Entzug muss ebenfalls geplant werden, damit das Erlernen und Einüben von neuen Verhaltensweisen mit der Zeit das Suchtverhalten ersetzen kann. Geeignete verhaltenstherapeutische Massnahmen ermöglichen es, die dem Bewusstsein nur beschränkt zugänglichen Suchtmuster zu ersetzen («Dekonditionierung»). Eine Opiatsucht zu bewältigen heisst z.B. auch, die eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen und deren Realisation in der realen Welt zu geniessen. Die Überwindung einer Opiatabhängigkeit ist ein Lernprozess und bedeutet in erster Linie Arbeit, ähnlich der, die man nach einer langen Zeit der Krankheit aufwenden muss, um wieder fit zu werden.

Wie viel Arbeit im einzelnen aufgewendet werden muss, ist sehr unterschiedlich und wird massgeblich durch Faktoren wie der Substanz, der Dosierung, der Dauer der Einnahme, der psychischen und physischen Gesundheit sowie dem Lebensalter bestimmt.

Nach der eigentlichen Entzugsbehandlung ist es wichtig, nicht sofort in die alte Umgebung zurückzukehren, weil:

  • Viele Konsum-Trigger an den Ort gebunden sind
    Da wo Opioide / Opiate konsumiert wurden, ist die Rückfallgefahr am grössten, da es unzählige Auslöser von Konsumimpulsen geben kann.
  • Belastungen und (häufig) aufgestaute Probleme warten
    Am Wohnort ist die Konfrontation mit der Vergangenheit allgegenwärtig. Die schwierigen Erfahrungen der Angehörigen in der Vergangenheit, die hohen Erwartungen, dass nach dem Entzug nun alles gut ist, der Stapel Rechnungen und die Mahnbescheide in der Ecke.
  • Wenig Freiraum für Erholung und Anpassung an die neuen Verhältnisse besteht
    Es hat sich bewährt, nach der Entzugsbehandlung in den Urlaub zu fahren. Am besten mit einer Bezugsperson, an einen Ort, der es ermöglicht, sich (ähnlich wie nach einer Grippe) stressfrei zu erholen und Vertrauen in die langsam zurückkehrenden Kräfte zu gewinnen. Die positiven Emotionen, zum Beispiel wieder ergriffen zu werden von Musik, und die Lebensfreude zu entdecken sind in einer Umgebung, die nicht zu viel fordert, eher möglich.

Auch mögliche körperliche Anpassungsstörungen und die veränderte Erlebniswelt können das Bild nach einem Entzug prägen. Zu den möglichen Anpassungsstörungen gehören im Wesentlichen die noch mangelnde Belastbarkeit, schnelle Ermüdung, wenig Appetit und Verdauungsbeschwerden. Auch ein gestörter Schlafrhythmus, der sich durch jahrelangen Konsum von Opiaten ergeben kann, braucht besondere Aufmerksamkeit, da das «nicht schlafen können» zermürbt und ein erhebliches Risiko für einen Rückfall darstellt. Manchmal genügen jedoch einfache Massnahmen zur Schlafhygiene oder Medikamente, die u.a. das nervige «Restless-Legs-Syndrom» (zappelige Beine) beheben, welches das Einschlafen verhindert.

Emotionale Veränderungen

Opiate haben durch die betäubende Wirkung die Tendenz, die Seele «einzufrieren». Durch die (Teil-) Blockade der Emotionen wird während der Abhängigkeit die seelische Entwicklung behindert. Aussenstehende beobachten den Entzug deshalb häufig wie die Geburt eines neuen Wesens. Die Menschen verändern sich nicht nur innerlich, sondern auch äusserlich, häufig wirken sie um Jahre jünger.

Nach einem Entzug lässt sich zudem oft beobachten, dass die Betroffenen zu Reaktionen (im Guten wie im Schlechten) neigen, die eher ungewohnt sind. Sich dessen bewusst zu sein, ist oft wichtig für Angehörige, damit die Beteiligten nicht überfordert sind. Da Sucht häufig mit einer Anpassungsleistung einhergeht und Süchtige Konflikte dadurch vermeiden, ist die frisch erwachte Wahrnehmung und Durchsetzung der eigenen Bedürfnisse ein wiederkehrendes Thema.

Nach der Überwindung der Abhängigkeit ist nicht einfach alles gut und wie früher, sondern es ist ein weiterer Schritt zu Rückeroberung eines Lebens, das nicht «Selbstregulation direkt im Gehirn» bedeutet, sondern auch sein Gleichgewicht wieder durch Gestaltung der Wirklichkeit erarbeiten muss.

Durch eine gesunde Lebensweise werden die Selbstheilungskräfte des Körpers die Leistungsfähigkeit jeden Tag ein weiteres Stück wieder herstellen. Die dazu nötige Geduld und das nötige Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten begünstigen diesen Prozess.

Unser Angebot zur Nachsorge umfasst folgendes:

  • Organisation der medikamentösen Abstinenzhilfe
    Die regelmässige Einnahme eines «Opiatblockers» (Naltrexon HCL) verhindert, dass Morphin und andere Opiate ihre Wirkung entfalten können. Solange dieses Medikament eingenommen wird, kann keine erneute Abhängigkeit von Opiaten entstehen. Dieser Schutz ermöglicht es ihnen ihr «neues Leben» kennenzulernen, sich darin zurechtzufinden und es schliesslich so gut es geht, nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Auch weiterführende therapeutische Massnahmen können im vertrauten Umfeld stattfinden. Bei genügender Stabilität kann auf die Einnahme nach und nach verzichtet werden.
    Die Kosten des Medikaments werden separat verrechnet.
  • Psychologische Beratung
    Wir beraten und begleiten Sie bei Bedarf zu allen Fragen des Umfeldes, der Partnerschaft, Erziehung, Beruf, Behörden etc. (Patienten aus dem Ausland Telefonisch oder per Videokonferenz).

Unsere Empfehlung langfristig:

  • Bewältigung der Suchtimpulse, Behandlung allfälliger Grundstörungen wie Ängste, Depressionen etc., Coaching im Rahmen einer verhaltensorientierten, psychotherapeutischen Begleitung.

Was tun bei einem Rückfall?

Auch Rückfälle können Teil der Überwindung einer Opiatabhängigkeit sein. Wer sich auf dem Weg befindet und stolpert, der kann mit der richtigen Analyse des Geschehens und entsprechenden Verhaltensänderungen die für ihn offenbar noch notwendigen Erfahrungen machen. Anstelle von schamhaftem Verschweigen werden unsere Patienten und Patientinnen ermuntert, ihre Probleme mit Sucht offen zu besprechen. Dieser Lernprozess ist oft auch wichtig für das Umfeld, welches aufgrund der schwierigen Erfahrungen mit Unverständnis, Angst oder Verurteilung reagieren kann.

Dabei ist es für die Behandlung der Sucht enorm wichtig, nach einem Rückfall die Opiatzufuhr sofort wieder zu unterbrechen, um nicht wieder erneut tief in «alte» Suchtmuster zu verfallen. Ein eigentliches «Rückfallmanagement» ist Bestandteil des ESCAPE-Behandlungspfades, damit tritt an die Stelle der Angst vor erneutem Versagen ein konkretes Konzept der Bewältigung.

Häufige Fragen und Antworten zur Therapie-Nachsorge

Diese Frage muss jeder für sich selber entscheiden. In der Regel ist es sinnvoller, sich nach einem Entzug in einer ambulanten Therapie ein Stück des Weges begleiten und die Sucht behandeln zu lassen. Solange sich jemand in einer Nachsorge befindet, hat er häufig die besseren Chancen, sich auf seine neue Lebenssituation gut einzustellen und neigt deshalb weniger zu Rückfällen. Unsere bewährten Nachsorge-Konzepte nach einem ESCAPE-Entzug helfen Ihnen – auch auf Distanz – neue Verhaltensweisen zu etablieren. Ein effektives Rückfallmanagement wird von uns ebenfalls angeboten, um erreichte Therapiefortschritte nicht zu gefährden.
Naltrexon ist ein oral verabreichter, lang­wirksamer spezifischer Opioi­dant­ago­nist der kompetitiv an En­dorphin­rezeptoren im zentralen und peripheren Nervensystem bindet und dadurch die Wirkung für von aussen zu­ge­führ­te Opioi­de blo­ckiert. Naltrexon führt weder zu physi­scher noch zu psychischer Ab­hän­gig­keit. Durch Blockade der En­dorphin­rezeptoren dämpft Naltrexon auch die eu­phorisie­ren­de Wirkung von Alkohol und reduziert dadurch das ü­ber­mässi­ge Ver­langen da­nach (Craving).
Das Medikament wird in der Regel einmal täglich eingenommen. Auch eine situative Einnahme ist denkbar, z.B. in Situationen erhöhter Konsumgefahr.
Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Verdauungsstörungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Unruhe, Nervosität, Schwäche und ein leichter Blutdruckanstieg. Naltrexon ist dosisabhängig lebertoxisch, was bei der Behandlung berücksichtigt werden muss.

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